Autor

Timo Hahner

Gesundheit, 4. September 2019

Sportwissenschaftler und leidenschaftlicher Eisensportler. Liebevoll OTL-Professor genannt.
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Welchen Einfluss hat die Pille auf den Muskelaufbau?

Welchen Einfluss hat die Antibaby-Pille auf den Muskelaufbau?

Wahrscheinlich bist du nicht die einzige Frau, die sich fragt, ob die Antibaby-Pille einen negativen Einfluss auf dein Training und deinen Muskelaufbau hat. In diesem Artikel erfährst du, was für Auswirkungen die Pille bzw. die darin enthaltenen Hormone auf deinen Körper hinsichtlich der sportlichen Leistung hat.

Die Pille wurde in den 70er Jahren zum ersten Mal eingesetzt – Seitdem hat sich in ihrer Entwicklung einiges getan. Es gibt mittlerweile 4 verschiedene Generationen der Pille auf dem Markt, die unterschiedliche Wirkweisen und damit auch unterschiedlichen Einfluss auf den Muskelaufbau und den weiblichen Körper haben.

Bevor wir den Einfluss der Pille auf den Muskelaufbau genauer im Detail beschreiben, möchten wir dir kurz die Funktionsweise der Antibaby-Pille erklären.

Wie funktioniert die Pille?

Der weibliche Körper durchläuft während des 30 tägigen Menstruationszyklus verschiedene Phasen, die alle unterschiedliche Funktionen übernehmen.

Mit dem ersten Tag der Monatsblutung fängt das weibliche Sexualhormon Östrogen langsam an, zu steigen. Es erreicht seinen Höhepunkt nach etwa 14 Tagen mit dem Eisprung, bevor der Östrogenspiegel wieder stark sinkt. Nach dem Eisprung wird vermehrt das Hormon Progesteron ausgeschüttet, welches das Östrogen unterdrückt und die Phase vor der erneuten Menstruation einleitet. Kurz vor dem Beginn der Monatsblutung sind beide Hormone – Östrogen und Progesteron – wieder auf einem Minimum und der Zyklus beginnt von vorne. 

Die Antibaby-Pille greift genau hier an: Durch synthetische Formen von Östrogen und Progestin (Gestagen) wird das Hormonlevel im weiblichen Körper nicht mehr durch deinen Menstruationszyklus beeinflusst, sondern durch Einnahme der Pille manuell gesteuert. Es kommt zu einer konstanten Konzentration an Östrogen und Progesteron wie es auch bei einer Schwangerschaft der Fall wäre. Die körpereigen Produktion der Hormone und somit auch der Eizelle werden dadurch eingestellt. Eine Befruchtung ist also nicht mehr möglich. 

Übrigens, in diesem Beitrag erfährst du, welchen Einfluss der weibliche Zyklus auf dein Training hat und wie du die Zyklusphasen optimal in deinen Trainingsplan einbaust.

Welche Generationen der Pille gibt es?

Von Pille zu Pille  gibt es zahlreiche Unterscheidungen, welche alle wichtig sind, um zu beantworten, welchen Einfluss die Pille auf deinen Muskelaufbau hat. Neben verschiedenen Wirkweisen wie Mono-Phasisch oder Bi-Phasisch spielt vor allem die Generation der Pille eine entscheidende Rolle..

Pille der 1. Generation

Mit dem Start der hormonellen Verhütung in den 70er-Jahren wurde die erste Generation der Antibaby-Pille ins Leben gerufen. Diese hat ihren Zweck erfüllt, wurde jedoch schnell erneuert und verbessert, da die Konzentration nicht passend war. Heutzutage wird sie eigentlich nicht mehr verschrieben.

Pille der 2. Generation

Die Pille der zweiten und dritten Generation sind bis heute gängige Versionen,welche besondere Eigenschaften mit sich bringen. Beide Generationen sind sehr ähnlich und doch für das Ziel des Muskelaufbaus unterschiedlich zu betrachten.

Die Pille der zweiten Generation besitzt das geringste Thrombose-Risiko, also die Gefahr für Blutgerinnsel in den Extremitäten ist relativ gering. Zudem treten aber sogenannte androgene Effekte in Zusammenhang mit dieser Pille auf. Der menschliche Körper besitzt Androgenrezeptoren, an welche Hormone andocken und bestimmte Effekte auslösen. Diese Rezeptoren sind aber vermehrt für die typisch männlichen Wirkweisen zuständig: Vermehrte Haarproduktion, unreine Haut, Anfälligkeit für Pickel. Diese androgenen Effekte sind bei der zweiten Generation am höchsten.

Aber keine Sorge: Für dich als Frau bedeutet das natürlich nicht, dass du nun zum Mann wirst. Die Symptome zeigen sich meist in leicht verschlechtertem Hautbild sowie gesteigertem Haarwuchs.

Pille der 3. Generation

Bei der Pille der dritten Generation sind die androgenen Effekte deutlich geringer. Bis heute weist sie die niedrigsten Einwirkungen auf die Androgenrezeptoren auf. Die typisch „männlichen“ Effekte bleiben also größtenteils aus. Dafür herrscht ein höheres Thrombose-Risiko. 

Ein großer Part der androgenen Effekte ist auch die anabole Wirkung von Testosteron. Wenn die Androgenrezeptoren frei sind, kann vermehrt Testosteron andocken und seine Wirkungen entfalten. Für das Ziel des Muskelaufbaus ist dies optimal, denn das typisch männliche Sexualhormon hat auch im weiblichen Körper positive Einflüsse auf den Muskelaufbau und dein Krafttraining.

Pille der 4. Generation

Die neueste Generation der Antibaby-Pille wirkt komplett anders: Sie ist Anti-Androgen. Das bedeutet, dass die androgenen Effekte sogar gezielt gehemmt und unterdrückt werden. Es entstehen kaum Einfluss auf die Haut, Gewichtsschwankungen sowie den Haarwuchs..

Im Gegenzug werden aber die anabolen Prozesse in Verbindung mit Testosteron als wichtiges Hormon für den Muskelaufbau drastisch gehemmt. Mit der vierten Generation der Pille baust du also in der Theorie am schlechtesten Muskeln auf.

Welchen Einfluss hat die Pille auf deinen Muskelaufbau?

Wenn du dir nun die verschiedenen Wirkweisen der unterschiedlichen Generationen anschaust, wirst du schnell feststellen, dass die Wahl der Pille durchaus Einfluss auf den Muskelaufbau hat. 

Die Pille der vierte Generation mit der Hemmung androgener Effekte eignet sich am schlechtesten für das Ziel des Muskelaufbaus. Denn durch die Blockierung der Androgenrezeptoren kann Testosteron seine Wirkung keineswegs ausführen.

Die dritte Generation ist womöglich am besten geeignet, weil die androgenen Effekte hier am wenigsten beeinflusst werden.

Eine tolle Mittellösung mit hoher Sicherheit und moderatem Einfluss auf den Muskelaufbau stellt die zweite Generation der Pille dar.

Allerdings entscheiden  nicht nur die androgenen Effekte über den Muskelaufbau. Häufig wird der konstant hohe Östrogenspiegel bei Einnahme der Pille kritisch betrachtet.

Östrogen ist aber– anders als häufig verurteilt – sehr wertvoll und wichtig für den Muskelaufbau. Es fördert die Regeneration der Sehnen, Bänder sowie Muskeln. Dadurch kannst du häufiger und intensiver trainieren. Zudem funktioniert Muskelaufbau bei Frauen nicht primär über Testosteron, wie es bei Männern der Fall ist. Für dich als Frau sind auch Östrogen sowie einige Wachstumshormone für dein Hypertrophie-Potential entscheidend.

Die Wahl der Pille ist für den Muskelaufbau entscheidend

Die Antibaby-Pille kann großen Einfluss auf den Muskelaufbau haben. In Untersuchungen wurde bei Frauen mit hormoneller Verhütung ein bis zu 60% niedrigerer Muskelaufbau festgestellt. 

Entscheidend scheint aber die Generation der jeweiligen Pille zu sein. Die zweite Generation ist in Deutschland am weitesten verbreitet, weil sie einen guten Mittelweg darstellt. Sollte der athletische Aspekt eine sehr große Rolle spielen, wäre die dritte Generation aus Sicht des Muskelaufbaus die wohl beste Wahl.

Welchen Einfluss hat die Pille auf deinen Fettverlust?

Ein weiterer Mythos in Verbindung mit der hormonellen Verhütung ist, dass die Pille Fettverlust hemmt, beziehungsweise die Gewichtszunahme begünstigt.

Beides ist nicht wissenschaftlich belegt und ergibt auch aus physiologischer Sicht keinen Sinn. Das Östrogen unterstützt den weiblichen Körper beim Aufbau von Muskelmasse. Ähnlich positive Effekte liefert es auch für den Gewichtsverlust. Denn es hemmt den Hunger und sorgt für eine schnellere Regeneration. Dem gegenüber steht das Progesteron, welches eher den Appetit und Hunger fördert und sogar vermehrt dafür sorgt, dass Fett in den typisch weiblichen Zonen eingelagert wird: Hüfte und Gesäß sowie Beine.

Für den reinen Fettverlust ändern diese Ergebnisse aber nichts. Ob du zu- oder abnimmst hängt weiterhin von deiner Kalorienbilanz ab. Dies wird auch durch die in der Pille enthaltenen Hormone nicht maßgeblich beeinflusst. Indirekt wird der Hunger manipuliert, was bei manchen Frauen zu einem gesteigerten Appetit durch das Progesteron führen kann. Wenn dadurch mehr Kalorien zugeführt werden, führt das wiederum zur Gewichtszunahme. Aber auch das kannst du bewusst kontrollieren, wenn du ein Auge darauf wirfst. 

Auch im unbeeinflussten Menstruationszyklus werden Östrogen und Progesteron ausgeschüttet. Dabei sogar sehr gebündelt und in einzelnen Spitzen. Das sorgt für phasenweise starke Beeinflussung von Hunger und Appetit. Bei Einnahem der Antibaby-Pille sind die hormonellen Level jeden Tag ungefähr ähnlich, weshalb weniger Schwankungen und mehr Planungssicherheit auftreten. 

Die Pille hat also keinen maßgeblichen Einfluss auf dein Gewicht – Kann aber deinen Appetit verändern.

Gesamtfazit – Das macht die Pille in deinem Körper

Du weißt nun, dass die verschiedenen Generationen der Pille unterschiedlichen Einfluss auf dich und deinen Körper nehmen. 

Nun fragst du dich abschließend sicherlich, welche Pille für dich am besten geeignet ist. Genau dafür haben wir einige Hinweise parat.

1. Du greifst in deinen Hormonhaushalt ein

Egal welche Pille du nehmen möchtest, dir sollte stets bewusst sein, dass du damit einen großen Einschnitt in deinen Hormonhaushalt machst. Du nimmst Risiken und Nebenwirkungen in Kauf, um nicht schwanger zu werden. Das ist ein Tausch, den jeder für sich selbst entscheiden muss. Egal welche Verhütungsmethode du wählen möchtest: Es läuft immer auf eine Abwägung von Vor- und Nachteilen hinaus. Werde dir über den Einfluss bewusst und informiere dich auch über mögliche Probleme und Nebenwirkungen bei dem Arzt deines Vertrauens.

2. Der Arzt ist dein Fachmann

Wir haben in diesem Artikel einige Grundlagen geliefert. Diese ersetzen in keiner Weise eine ärztliche Beratung oder Ähnliches. Das Thema Pille ist sehr komplex und wurde hier vereinfacht angeschnitten. Die Einschätzung deines Frauenarztes steht somit an erster Stelle, denn dieser berücksichtigt deine gesundheitliche Lage, deine individuellen Präferenzen und deine Situation. Es kommt auf viel mehr Dinge an, als das Potential Muskeln aufzubauen.

3. Setze Prioritäten

Wenn dir die Wahl verschiedener Generationen der Pille zur Verfügung steht und du den Muskelaufbau für dich sehr hoch priorisierst, dann ist die dritte Generation der Pille die wohl förderlichste Option hierfür. Wenn jedoch die Mischung aus geringen Risiken und moderatem Muskelaufbau ausreicht, würde auch die zweite Generation Sinn machen. 

Sprich am besten ausführlich mit deiner Gynäkologin darüber, welche Generation der Pille für dich am besten geeignet ist. 

4. Muskelaufbau funktioniert trotzdem!

Selbst wenn für dich nur die Pille der vierten Generation mit dem theoretisch schlechtesten Potential für Muskelaufbau aus anderen Gründen in Frage kommt, funktioniert Muskelaufbau trotzdem. Ja, du wirst langsamer Muskeln aufbauen. Auf lange Sicht wirst du trotzdem tolle Ergebnisse erzielen und du kannst das beste daraus machen. Mit einem optimalen Trainingsplan und Fleiß sowie Disziplin bei der Ernährung wirst du ordentlich Muskeln aufbauen und deinen Hobbysport mit der Verhütung kombinieren können. Mach dich also nicht verrückt!

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Quellen

Elliott-Sale, K., (2014). The relationship between estrogen and muscle strength: a current perspective. Rev Bras Educ Fis Esporte, 28(2):339-49.

Martin, D., Elliott-Sale, K., (2016). A perspective on current research investigating the effects of hormonal contraceptives on determinants of female athlete performance. Rev Bras Educ Fis Esporte, 30(4):1087-96.

Myllyaho, M., (2016). Effects of hormonal contraceptives on physical performance and body composition. Master’s thesis in Exercise Physiology, Department of Biology of Physical Activity, University of Hyväskylä. 79pp.

Proctor-Gray, E., Cobb, K.L., Crawford, S.L., et al. (2008). Effect of oral contraceptives on weight and body composition in young female runners. Med Sci Sports Exerc. 7: 1205-12.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7039319

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/

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